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Ausdauer - Effekte
Einsatz von Kreatin im Radsport - ein Beispiel
Ein Beispiel aus dem Radsport zum Einsatz von Kreatin
Als Marco Pantani 1998 die Tour de France gewann, gab es wenigstens drei Theorien, warum er sich gegen Jan Ullrich in der Etappe nach Les deux Alpes durchsetzen konnte: Er hat sich seine Nahrungsaufnahme besser eingeteilt und verfügte dadurch im entscheidenden Abschnitt über größere Kohlenhydratreserven; er war besser eingeölt und hat auf den kalten, schnellen Bergabfahrten weniger gefroren und seine Energie somit besser umsetzen konnten. Auch wenn einiges für beide Theorien spricht, so scheint eine dritte plausibel:
Pantani war einer von ganz wenigen, die den Einsatz von Kreatin in der Langzeitausdauer erfolgreich in eine veränderte Renntaktik umgesetzt haben. Während Jan Ullrich in traditioneller Weise versucht hat, ein hohes, gleichmäßiges Tempo zu fahren, um ökonomisch mit seinen Kräften im Grenzbereich von aerober und laktazid anaerober Leistung umzugehen, ist Pantani in entscheidenden Phasen des Rennens immer wieder für 5 bis 10 Sekunden aus dem Sattel gestiegen und hat Minizwischenspurts eingelegt. Hierbei ging er in die Kreatinphosphatspeicher - und verursachte keine Milchsäurerückstände. Als Ullrich nach einem Defekt kurzfristig vor einem Berganstieg einen Rückstand aufholen wollte, tat er dies mit einem so langen Zwischenspurt, dass er anschließend übersäuert kürzer treten musste.
Während andere noch darüber diskutieren, ob und wann überhaupt Kreatin in Ausdauersportarten einen Sinn macht, wird es nicht nur typischerweise in Sportarten wie Fußball, Basketball und Eishockey verwendet, sondern nun auch im Radrennsport eingesetzt. Dabei hätten auch Ullrich und sein Team die Kenntnisse haben können, denn wesentliche Forschungen auf diesem Gebiet kommen aus Deutschland: ENGELHARDT/U.A. (1998) haben mit 12 Triathleten ein Drehbuch geschrieben, dem Pantani scheinbar gefolgt ist (auch wenn er es wohl nicht gekannt hat). Die Triathleten haben mit 30 g Kreatin verteilt auf 5 Tage vergleichsweise wenig verwendet und doch einen signifikanten Serumkreatinzuwachs erreicht. Da es mit Kreatin zu einer vermehrten Wassereinlagerung im Gewebe kommt, die von Ausdauersportlern nicht gewollt werden kann, ist schon die Wirksamkeit von so wenig Kreatin (sonst werden eher 100 g verwendet) bemerkenswert.
Die deutschen Wissenschaftler verglichen auf dem Fahrradergometer Leistungen mit und ohne Kreatin, indem sie zunächst die Ausdauerleistungsgrenze bestimmten (3 mmol/l Laktat bei 263 +/- 25 Watt), an der die Sportler 30 Minuten traten. Dann folgten bis zu 10 Intervall-Belastungen von 15 Sekunden (7,5 Watt/kg Körpergewicht, mit 45 Sekunden aktiver Pause in Anfangsgeschwindigkeit), nach 120 Sekunden Serienpause dasselbe noch einmal und zum Schluss weitere 30 Minuten wie am Anfang. Wenn die volle Intensität bei den Intervallen (571 / 560 Watt !) nicht erreicht werden konnte, wurde die Intervallarbeit abgebrochen. Anschließend wurde 5 Tage lang zweimal täglich 3 g Kreatin aufgenommen und dann der Test wiederholt. Die Leistungen mit Kreatin waren besser als ohne, im ersten Durchgang sogar signifikant besser. Es gab insgesamt eine Steigerung von 4,8 auf 6,5 Wiederholungen. Interessant scheinen auch die Nebenwirkungen zu sein, denn die Belastungen mit 7,5 Watt/kg Körpergewicht sind erheblich: Zwischen den Entwicklungen der Laktatspiegel der beiden Versuche gab es keine Unterschiede. Während die Glucosespiegel im Blut ohne Kreatin erwartungsgemäß bei Minute 25 und 50 hoch signifikant niedriger waren, als zu Beginn (von 4,9 2 0,58 mmol/l über 4,1 +/- 0,58 auf 3,7 +/- 0,95), waren die Unterschiede ohne Kreatin zwar auch deutlich, aber nicht signifikant (von 4,9 +/- 0,73 über 4,2 +/- 0,60 auf 4,3 +/- 1,15) niedriger. Auch in Kreatinkinase, Pulswerten und Sauerstoffaufnahmewerten gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Versuchen. Keiner der 12 Sportler verschlechterte sich mit Kreatin, allerdings haben sich auch nur 9 (= 75 Prozent) verbessert.
Hierdurch haben die Messwerte mit Kreatin eine breitere Streuung. Nun kann man natürlich sagen, kein Doppelblindversuch, alles nur Placebo-Effekt, wenn es nicht Marco Pantani gäbe, der genau das vorgemacht hat, was der Versuch gezeigt hat. Er konnte die harten Intervalle bergauf fahren, er hatte die größeren Glucosespeicher. Es dürfte interessant sein, festzustellen, woran es liegt, dass einzelne Sportler auf Kreatin besser ansprechen als andere, denn das wäre wohl in Zukunft ein weiteres Talentauswahlkriterium (ENGELHARDT/U.A. 5/1998, 36).

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