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Rechtsschutz
Teil 1: Rechtsschutz im kommerzialisierten Sport
Fragen des Rechtsschutzes haben im Zusammenhang mit Dopingfällen in den letzten Jahren zunehmend Bedeutung erlangt. Das liegt hauptsächlich an der Kommerzialisierung und Professionalisierung des Sports. Insbesondere Sperren haben für den Athleten defacto die Wirkung eines zeitlich begrenzten Berufsverbots oder - bei lebenslanger Sperre - eines Berufsverbots auf Dauer. Damit einher geht die Relativierung des "vermarktbaren’’ Werbewerts eines gedopten Athleten vor allem für dessen Sponsoren. Umgekehrt haben ungedopte Athleten nicht zuletzt auch deshalb ein Interesse daran, daß ihre gedopten Konkurrenten aus den Siegerlisten gestrichen werden, um ihre eigenen Vermarktungschancen zu verbessern. Ebenso entspricht es dem Interesse eines "saubereren" Athleten, nicht grundlos öffentlich einem Dopingverdacht ausgesetzt zu werden. Nur zu verständlich ist, wenn die Betroffenen versuchen, alle Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen, um berufliche und wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden bzw. sich im umgekehrten Fall entsprechende Vorteile zu sichern. Es kann deshalb nicht verwundern, daß sowohl auf Seiten der staatlichen Gerichte als auch bei den verbandsinternen Kontrollinstanzen die Bereitschaft gewachsen ist, sich näher mit Dopingstreitigkeiten zu befassen, zumal derartigen Entscheidungen eine breite Medienpräsenz sicher ist.

Ergebnis und Ausblick
Doping ist ein Problem, das interdisziplinär angegangen werden muß. Der Beitrag von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft ist insofern erheblich, als Dopingfälle immer mehr zu Rechtsfällen werden. Die juristischen Mittel der Dopingverhinderung bestehen im wesentlichen aus der Formulierung und Anwendung entsprechender Normen durch die Sportverbände und Staaten. Der Rechtsschutz erweist sich insofern als Prüfstein der Qualität und Effizienz der Normsetzung und -anwendung.

Literatur:
KLAUS VIEWEG LEISTUNGSSPORT  1-99, 29 (Prof. Dr. Klaus  VIEWEG ist  Direktor des  Instituts für Recht und  Technik an  der Friedrich- Alexander-Universität in Erlangen)

Teil 2
Die mit dem Rechtsschutz in Dopingangelegenheiten zusammenhängenden Fragen sind kompliziert
Missverständnisse und Informationsdefizite sind deshalb vorprogrammiert und verbreitet. Für einen betroffenen Athleten stellt sich beispielsweise zunächst die Frage, durch wen und unter welchen Voraussetzungen er die gegen ihn von einem Verbandsorgan verhängte Sperre überprüfen lassen kann. In Betracht kommen Rechtsschutzorgane des nationalen und des internationalen Sportverbandes, Schiedsgerichte wie das Sportschiedsgericht - Tribunal Arbitral du Sport (TAS) / Court of Arbitration for Sport (CAS) - in Lausanne sowie staatliche Gerichte in möglicherweise verschiedenen Staaten (vgl. VIEWEG 1996b, 60 ff.). Weiterhin stellt sich die Frage, welches Recht der Überprüfung zugrundegelegt werden soll: die Regelungen des nationalen Sportverbandes, die des internationalen Sportverbandes oder das Recht eines - welchen - Staates (vgl. VIEWEG 1996b, 70 ff.)? Insofern ist ein internationales Rechtsschutzgefälle festzustellen, das rechtsvergleichende Überlegungen unverzichtbar macht. Schließlich ist mit Blick auf die Eilbedüritigkeit der Überprüfung der Sanktion zu fragen, ob die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes Erfolg verspricht (vgl. RÖHRICHT 1997, 19; VIEWEG 1997, 39 ff.). Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist es hilfreich, einige Unterscheidungen und Systematisierungen vorzunehmen. Eine erste Unterscheidung betrifft die verbandsrechtlichen Verfahren, in denen Sanktionen verhängt werden, einerseits und die Strafverfahren vor staatlichen Gerichten andererseits. Handelt es sich bei den Verbandsverfahren in erster Linie um die Verhängung und Überprüfung von Sanktionen - insbesondere Disqualifikationen und Sperren - gegenüber gedopten Athleten, so geht es in den Strafverfahren vor allem um die Ahndung von Körperverletzungen durch Dopingmaßnhmen von Trainern, Funktionären und Ärzten. Eine Strafbarkeit des sich dopenden Athleten selbst sehen hingegen die meisten Rechtsordnungen nicht vor.
Handelt es sich um die Sanktionierung von Dopingverstößen durch nationale und/oder internationale Sportverbände, so kann weiter zwischen dem verbandsinternen Rechtsschutz durch "Verbandsgerichte" und dergleichen einerseits und dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte sowie Schiedsgerichte andererseits unterschieden werden. Insofern entsteht in der Öffentlichkeit nicht selten dadurch Verwirrung, daß verbandsinterne Kontrollinstanzen von den Verbänden selbst als "Schiedsgericht" oder "Gericht" bezeichnet werden (vgl. VIEWEG 1990, 119 f.; HAAS 1997, 57 und BUNDESGERICHTSHOF, Neue Juristische Wochenschrift 1995, 583, 586). Die grundlegenden Unterschiede zwischen beiden Rechtsschutzmöglichkeiten dürfen aber insbesondere mit Blick auf die Bindungswirkung der Sanktion nicht  verkannt werden. Solange noch die Möglichkeit staatlich-gerichtlichen Rechtsschutzes besteht, ist die durch den Verband verhängte Sanktion nur vorläufiger Art. Die somit erforderliche Abgrenzung zwischen dem verbandsinternen Rechtsschutz und dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte sowie durch Schiedsgerichte ist nach staatlichem Recht und der Praxis der staatlichen Gerichte vorzunehmen. Sie kann demgemäß von Land zu Land unterschiedlich ausfallen (vgl. WILL 1993). Das Spektrum reicht dabei vom Absehen staatlich-gerichtlicher Kontrolle bis hin zu einer vollständigen Überprüfung. Von einem Agieren-Können im rechtsfreien Raum kann nicht mehr die Rede sein. Diese Erkenntnis beginnt sich insbesondere in Kreisen der Funktionäre internationaler Sportverbände erst allmählich durchzusetzen.

Nach deutschem Recht kann der staatlich-gerichtliche Rechtsschutz nicht durch Verbandsnormen ausgeschlossen werden (REICHERT/ VAN LOOK 1995, Rdnr. 1699; a.A. HAAS/PROKOP 1996, 113). Möglich ist lediglich, das vorherige Durchlaufen des verbandsinternen Rechtsschutzverfahrens als Voraussetzung staatlich-gerichtlicher Kontrolle festzuschreiben (REICHERT/VAN LOOK 1995, Rdnr. 1704 m.w.N.). Eine weitgehende Zurückdrängung staatlich-gerichtlichen Rechtsschutzes ist allerdings durch echte Schiedsgerichte möglich, die unabhängig vom Sportverband bestellt werden müssen (vgl. REICHERT/VAN LOOK 1995, Rdnr. 2531 m.w.n.; VIEWEG 1983; HAAS 1997). Der Umfang der staatlich-gerichtlichen Kontrolle von Verbandssanktionen variiert von Rechtsordnung zu Rechtsordnung (vgl. z.B. ROHRICHT 1997 sowie VIEWEG 1994 für Deutschland; BAILEY 1998 für England; BAD-DELEY 1998 für die Schweiz). Idealtypisch ist dabei zwischen der Tatsachenkontrolle, der Inhaltskontrolle und der Subsumtionskontrolle zu unterscheiden. Bei der Tatsachenkontrolle geht es darum, ob die Tatsachenfeststellung des Verbandes richtig ist. Im Rahmen der Inhaltskontrolle wird geprüft, ob die Verbandsnormsetzung nicht gegen staatliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, verstößt. Die Subsumtionskontrolle bezieht sich darauf, ob die vom Verbandsorgan bejahte Übereinstimmung von festgestellten Tatsachen und einschlägiger Verbandsnorm richtig ist.

Literatur
KLAUS VIEWEG LEISTUNGSSPORT  1-99, 29 (Prof. Dr. Klaus  VIEWEG ist  Direktor des  Instituts für Recht und  Technik an  der Friedrich- Alexander-Universität in Erlangen)

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