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Höhentraining

Kritik


BIRGIT FRIEDMANN/PETER BARTSCH bezogener Artikel zu REISS, Höhentraining.
Dieser Artikel ist eine kritische, fachliche Antwort auf die hier vorgestellten Ausführungen von REISS zur Gestaltung eines Hypoxietrainings.


Einleitung
Dabei wird deutlich werden, dass die von REISS (1998) aufgestellte Behauptung nicht haltbar ist, dass "aus trainingswissenschaftlicher Sicht (...) das Höhentraining vordergründig eine medizinisch geprägte Problematik mehr (ist), sondern in erster Linie ein trainingsmethodisch zu bewältigendes Problemen sei. Schon in seinem Artikel weist REISS selbst z.B. auf die "lndividuellen Voraussetzungen? für ein Höhentraining hin, ohne diese zu spezifizieren. Eine retrospektive Analyse bereits veröffentlichter Daten aus der Arbeitsgruppe von LEVINE (1998) unterstützt die Hypothese, dass es aufgrund unterschiedlicher physiologischer Anpassungsreaktlonen eine individuelle Eignung zum Höhentraining gibt. Diese individuelle Eignung gilt es vorrangig neben weiteren offenen Fragen zur Gestaltung des Höhentrainingslagers (Dauer, Höhe, Trainingssteuerung) zu untersuchen.
Es gibt zwei mögliche Formen des Höhentrainings infolge mit zunehmender Höhe fallenden Luftdrucks (in 2500 m Höhe ca. 560 mmHg gegenüber ca. 760 m auf Meereshöhe) sinkt der Sauerstoffpartialdruck und damit auch der arterielle p02 sowie die arterielle Sauerstoffsättigung z.B. in 2500 m Höhe auf ca. 65 mmHg bzw. 91 Prozent gegenüber 90 mmHg und 96 Prozent auf Meereshöhe. Bei der wissenschaftlichen Hypothese hinsichtlich der Wirksamkeit des Höhentrainings zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Tiefland, geht man davon aus, daß ein solcher leichter Sauerstoffmangel (Hypoxie) einen zusätzlichen Trainingsstimulus darstellt und/oder daß die Höhenakklimatisation die Leistungsfähigkeit fördert (BÄRTSCH 1997).
Aus diesen Überlegungen ergeben sich drei theoretische Ansätze zum Höhentraining:

1. In der Höhe leben und trainieren
2. Im Tiefland leben und unter Höhenbedingungen trainieren
3. In der Höhe leben und im Tiefland trainieren

Höhenakklimatisation
Während der ersten ein bis drei Wochen eines Höhenaufenthalts werden durch den ungewohnten Sauerstoffmangel folgende Anpassungsreaktionen im Körper ausgelöst:

Atmung
Schon in den ersten Tagen in der Höhe ist gegenüber dem Tiefland in Ruhe und unter Belastung eine Hyperventilation zu beobachten. Die Angaben über die Steigerung des maximalen Atemminutenvolumens schwanken von durchschnittlich 10 Prozent bis 42 Prozent in Höhen von 1600m bis 4300 m (ADAMS u.a. 1975, BAILEY u.a. 1998, BUSKIRK u.a. 1967, DILL/ADAMS 1971, PUGH 1967; ROSKAMM u.a. 1968), wobei BAILEY u.a. die größte Zunahme (maximale Ventilation von ca. 177 l/min auf ca. 252 l/min erhebt) bei ihrer Untersuchung in 1640 m Höhe beschreiben.

Sauerstofftransportkapazität
Innerhalb von ein bis zwei Tagen eines Höhenaufenthalts kommt es zu einer Abnahme des Plasmavolumens, wodurch ein Anstieg der Hämoglobinkonzentration sowie des Hämatokrits und damit eine Erhöhung der Sauerstofftransportkapazität bedingt sind (DILL u.a. 1974, HANNON u.a. 1969). DILL u.a. (1974) fanden bei hochtrainierten Mittelstreckenläufern während eines dreiwöchigen Höhentrainings in 2300 m einen Abfall des Plasmavolumens um 6 Prozent, der auch nach Ende des Trainingslagers noch fortbestand. Als weitere physiologische Reaktion zur Erhöhung der Sauerstofftransportkapazität wird die Blutneubildung gesteigert. 15 Minuten bis 2 Stunden nach Beginn der Hypoxieexposition steigt die Erythropoietinkonzentration im Blut gefolgt von einer vermehrten Neubildung roter Blutzellen und nachfolgender Ausschüttung aus dem Knochenmark (Retikulozytose) (BERGLUND 1992, KLAUSEN u.a. 1991, MAIR-BÄURL u.a. 1986). Als Resultat können die Erythrozytenmasse und das Gesamtkörperhämoglobin zunehmen; allerdings sind Effekte aufgrund vermehrter Neubildung von Erythrozyten frühestens nach ca. zwei Wochen Hypoxie-Exposition zu erwarten. Um eine Zunahme der Erythrozytenmasse oder des Gesamtkörperhämoglobins feststellen zu können, sind Messungen des Gesamthämoglobins (z.B. CO-Rückatmungsmethode) oder der Erythrozyten-Masse (z.B. Evans-Blau-Methode) notwendig; Bestimmungen der Hämoglobinkonzentration des Hämatokrits reichen nicht aus, da sie wie bereits erwähnt - auch durch Abnahme des Plasmavolumens bedingt sein können.
Es wird postuliert, daß ein Aufenthalt von mindestens drei Wochen in mindestens 2500m nötig ist, um einen relevanten Anstieg der Erythrozytenmasse auszulösen (LEVINE/STRAY-GUNDERSEN 1992).

Eisenmangel
Außer Frage steht, dass ein Eisenmangel adäquate Blutneubildung verhindert (STRAY-GUNDERSEN 1992). Es gibt allerdings Hinweise darauf, daß eine prophylaktische Verabreichung von Eisen bei Sportlern ohne Eisenmangel unnötig ist und sich eventuell negativ auswirken kann (FRIEDMANN u.a. 1999).

Muskulatur: Struktur, Enzymaktivität, Pufferkapazität
Über Veränderungen in der Muskulatur nach einem Höhentraining gibt es unterschiedliche Berichte in der Literatur. Übereinstimmung herrscht darin, daß sich die Muskelfaserverteilung nicht verändert.
Aber von Veränderungen des Muskelfaserquerschnitts und des Myoglobingehalts existieren unterschiedliche Beobachtungen. Neben einer möglichen Förderung des aeroben Muskelstoffwechsels im Hypoxietraining wurde auch eine Steigerung der lokalen Pufferkapazität des Muskels gefunden (MIZUNO u.a. 1990; SALTIN u.a. 1995), was günstige Auswirkungen auf die bisher bei Untersuchungen zum Höhentraining meist vernachlässigte anaerobe Leistungsfähigkeit haben könnte.

Insgesamt gewinnt man bei der Analyse der verfügbaren Literatur den Eindruck, dass günstige Auswirkungen auf Struktur und Stoffwechsel des Skelettmuskels vor allem dann beschrieben werden, wenn in der Höhe mit gleicher absoluter Belastungsintensität und damit intensiver als im Tiefland trainiert wurde, während bei relativ gleicher Trainingsintensitat diese "Höheneffekte? ausblieben.
Aufgrund der beschriebenen Anpassungsvorgänge besteht kein Zweifel darüber, daß Höhentraining die Leistungsfähigkeit in der Höhe verbessert und als Vorbereitung auf einen Wettkampf in der Höhe unerläßlich ist. Für eine eventuelle Steigerung der Leistungsfähigkeit im Tiefland infolge Höhentrainings kommen nur die unter den Abschnitten "Sauerstofftransportkapazität?, "Muskulatur" beschriebenen Veränderungen in Frage.

Trainingssteuerung & Parameter
Das Verhalten der beiden zur Trainingssteuerung am häufigsten angewendeten sportmedizinischen Parameter, Herzfrequenz und Laktat, verändert sich in der Höhe. Die meisten Untersucher berichten über eine Erniedrigung der maximalen Herzfrequenz in der Höhe bei ausdauertrainierten Sportlern (BAILEY u.a. 1998, DILL/ADAMS 1971, KOISTINEN u.a. 1995) und untrainierten Probanden (MAIRBÄURL u,a, 1986). PUGH (1967) wies allerdings auf große interindividuelle Unterschiede hin:

Laktatwerte
Bei akuter Höhenexposition wird über im Vergleich zum Tiefland meist unveränderte maximale Laktatspiegel (BAILEY u.a. 1998, DES-PLANCHES u.a. 1993, EMONSON u.a. 1997) berichtet, nach Akklimatisation liegen sie vor allem in großer Höhe
deutlich niedriger. Nach Rückkehr ins Tiefland werden die ursprünglichen Werte sofort wieder erreicht (KAYSER 1996, MAIRBÄURL u.a.) Laktatwerte zu Beginn eines Höhenaufenthalts bei gleicher absoluter Belastungsintensität wie im Tiefland deutlich höher, die Laktatleistungskurve ist nach links, die anaerobe Laktatschwelle zu niedrigerer Intensität hin verschoben (BROOKS u.a. 1991; KOISTINEN u.a. 1995; ROSKAMM u.a. 1968; TERRADOS u.a. 1988). Der Kurvenverlauf ist jedoch unverändert, wenn die Laktatkonzentrationen auf gleiche relative Belastungsintensitäten (V02max) bezogen werden.
MYHRE u.a. (1992) stellten 14 Tage nach Höhentraining im Vergleich zur Ausgangsuntersuchung wieder unveränderte Werte fest. Als Ursache für dieses Phänomen wird zur Zeit vor allem eine nach Höhenakklimatisation vermehrte Laktatoxidation in der Muskulatur angenommen und nicht die früher vermutete Steigerung des Fettmetabolismus (BENDER u.a. 1989; SALTIN u.a. 1995; TERRADOS u.a. 1988; YOUNG u.a. 1982). Die oben genannten Beobachtungen scheinen mit der Aussage von REISS (1998) übereinzustimmen, daß sich die Leistung an der anaeroben Schwelle nach Höhentraining verbessert; allerdings fanden BAILEY u.a. (1998) die individuelle Laktatschwelle unverändert, so daß wahrscheinlich nur die fixen Laktatschwellen verbessert sind. Außerdem stellten INGJER/ MYHRE (1992) 14 Tage nach Höhentraining wieder im Vergleich zur Ausgangsuntersuchung unveränderte Werte fest, so daß diese kurzzeitige Rechtsverschiebung der Laktatleistungskurve wohl kaum der Grund für Verbesserungen der Wettkampfleistung sein dürfte, da diese ja erst 10 bis 14 Tage nach Ende eines Höhentrainings zu erwarten sind.

Zusammenfassung und Ausblick
Hingegen zeigt keine der kontrollierten Studien zum klassischen Höhentraining mit Spitzenathleten eine signifikante Verbesserung der V02max oder der Wettkampfleistung. Hier muß allerdings berücksichtigt werden, daß Leistungssteigerungen bei Spitzenathleten, die im Tiefland bereits maximal trainiert sind, nur noch in einem solch geringen Ausmaß zu erwarten sind, dass zur Erfassung von statistisch signifikanten Effekten wesentlich größere Gruppen untersucht werden müßten. Wenn bei weniger gut trainierten Sportlern eindeutig positive Auswirkungen der Höhenexposition (mit und ohne Training) nachgewiesen werden, liegt die Vermutung nahe, dass ähnliche Effekte auch bei Spitzenathleten erreicht werden können. Auch kann die Frage: "In welcher Höhe und wie lang muß ein Höhentrainingslager sein, um deutliche Verbesserungen zu erzielen ?? nicht abschliessend beantwortet werden.

Literatur
BIRGIT FRIEDMANN/PETER BARTSCH (bezogener Artikel zu Reiss)


Fazit


Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes von natürlichen und künstlichen Höhenbedingungen im Hochleistungsbereich hängen in erster Linie von dem dabei realisierten Training und seiner
Gestaltung ab. Das Höhentraining ist kein Wundermittel, aber eine natürliche Leistungsreserve
und eine bedeutende Möglichkeit, neue Trainingsreize zu setzen, wenn die Trainingsgestaltung vor, während und nach dem Höhenaufenthalt beherrscht, die erkannten Prinzipien eingehalten und seine Möglichkeiten im Jahrestrainingsaufbau und im mehrjährigen Verlauf wirksam ausgeschöpft werden. Das Höhentraining ist daher nur als Bestandteil eines auf Spitzenleistungen orientierten Trainingskonzepts sinnvoll, in erster Linie für Sportler in den Langzeit-Ausdauerdisziplinen die nicht in der Höhe leben.
Es empfiehlt sich, mehrjährig orientierte individuelle Höhentrainingskonzepte zu erarbeiten, um systematisch die Potenzen des Höhentrainings für die Leistungssteigerung unter professionellen Trainingbedingungen zu erschließen. Aus trainingswissenschaftlicher Sicht ist das Höhentraining - ausgehend von der gekennzeichneten Zielstellung und aktuellen Erkenntnislage - vordergründig keine medizinisch geprägte Problematik mehr, sondern in erster Linie ein trainingsmethodisch zu bewältigendes Problem. Diese Position gilt vor allem zur Festlegung von Prioritäten für die weitere wissenschaftliche Durchdringung des Höhentrainings. Erkenntnisdefizite bestehen hauptsächlich in der Optimierung der Belastungs- und Regenerationsgestaltung während der gekennzeichneten Hauptphasen des Höhentrainings, eng verbunden mit der Übertragung seiner Effektivitätskriterien auf individuelle Trainingskonzepte im Sinne der Entwicklung und Anwendung individueller Bestlösungen.

Folgerungen für den weiteren Einsatz des Höhentrainings
Die Erhöhung der Wirksamkeit des Höhentrainings unter natürlichen Höhenbedingungen ist durch die Spitzenverbände unbedingt eine gezielte Trainingssteuerung/wissenschaftliche Trainingsbegleitung zu gewährleisten. Sie sollte die Zustandsbestimmungen und nach dem Höhentraining, die Kontrollen zur Beurteilung der Trainingswirkung in den Trainingseinheiten, den Verlauf der Belastung die Regenerationsdynamik sowie die Ernährungsoptimierung umfassen.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen zum Höhentraining sind stärker auf eine individuell optimale trainingsmethodische Gestaltung des Höhentrainings mit Sportlern des Hochleistungsbereichs zu konzentrieren und nicht so sehr auf die Wiederholung vielfältiger biologischer Grundlagenuntersuchungen mit wenig trainierten Sportlern.

Literatur
REISS, Manfred, Stellvertretender Leiter der Fachgruppe Ausdauersportarten des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft Leipzig In: Leistungssport Juli 1998, 21-28
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Belastungssteuerung im Höhentraining


Alle Maßnahmen der Belastungssteuerung müssen besonders darauf gerichtet sein, die Selbsteinschätzungsfähigkeit und Selbststeuerung der Sportler zu unterstützen. Folgende Maßnahmen wurden in der Höhe erfolgreich erprobt und haben sich für die Steuerung der Belastung bewährt (NEUMANN 1994, SCHMIDT/ HARTMANN 1995, POPOV/ SALTIN 1997):

A: die tägliche Kontrolle der Herzfrequenz-Ruhewerte und des Körpergewichts,
B: die Herzfrequenzkontrolle während des extensiven Grundlagenausdauer- und Kraftausdauertrainings zur Einhaltung des effektiven Trainingsbereichs,
C: die Laktatkontrolle zur Einhaltung des effektiven Trainingsbereichs im intensiven Grund-lagenausdauer- und Kraftausdauertraining,
D: die Kontrolle der Realisierung bewegungstechnischer Anforderungen in den Trainingsprogrammen, die tägliche Kontrolle der Werte von Harnstoff und Kreatinkinase zur Beurteilung der Trainingsreize und des Verlaufs der Erholungsprozesse,
E: die Kontrolle der Ernährungsgewohnheiten der Sportler (Kohlenhydrate, Eiweiße, Flüssigkeit) sowie des Eisenspiegels, um keine Defizite zuzulassen und die Wiederherstellungsprozesse nicht negativ zu beeinflussen.

Es muss beachtet werden, dass unter Höhenbedingungen das subjektive Empfinden der Sportler nicht mit dem bei Absolvierung gleicher Belastungen wie im Flachland übereinstimmt. Belastungen werden in nicht wenigen Fällen, insbesondere von höhenunerfahrenen Sportlern, als geringer eingeschätzt als es z.B. die Parameter für Laktat- und Kreatinkinase anzeigen. Das "Gefühl der Sportler" und das "Auge des Trainers? allein bieten noch keine sichere Basis für das Erreichen der geplanten Wirkung des Höhentrainings. Daher bilden die genannten Steuermaßnahmen notwendige Mittels um die Wirksamkeit des Höhentrainings abzusichern. Eine aussagesichere Kontrolle der Wirkung des Höhentrainings auf die Entwicklung der Ausdauerfähigkeiten sollte frühestens 10 Tage nach Rückkehr aus der Höhe vorgenommen werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist mit einem stabilen Zustand des Organismus zu rechnen,

Periodisierung


Einordnung des Höhentrainings in den Jahrestrainingsaufbau und mehrjährige Höhentrainingskonzepte

Potentielle Schwerpunkte für das Höhentraining im Jahresverlauf sind:
a) Mesozyklen des allgemeinen Konditionstraining, insbesondere zu Beginn des Trainingsjahres mit allgemeinen und semispezifischen Belastungsformen,
b) Mesozyklen der Grundlagenausdauer- und der Kraftausdauerentwicklung, gekoppelt mit Schnelligkeitstraining (besonders für die Kurzzeitausdauer- und Mittelzeitausdauerdisziplinen),
c) Mesozyklen des aerob/anaeroben Grundlagenausdauertrainings und des Schnelligkeitsausdauertrainings für die Kurzzeitausdauer- und die Mittelzeitausdauerdisziplinen sowie das Grundlagenausdauer- und das Wettkampfausdauertraining für die Langzeitausdauerdisziplinen sowie
d) der erste Teil der unmittelbaren Vorbereitung auf Wettkampfhöhepunkte.

Die Einordnung des Höhentrainings in den Jahrestrainingsaufbau muss vor allem die Durchsetzung des Prinzips der ansteigenden Trainingsbelastung, eine Trainingsreizerhöhung im Jahresverlauf unterstützen. Es erweist sich deshalb als zweckmäßig, das Höhentraining als Belastungsschwerpunkt, als eine Art Gipfelbelastung im jeweiligen Mesozyklus, einzusetzen. Besonderes "Fingerspitzengefühl" in der methodischen Gestaltung erfordert das Höhentraining, wenn es im Abschnitt der unmittelbaren Vorbereitung von Wettkampfhöhepunkten eingesetzt werden soll. Als langjährig erprobt gilt für die Kurzzeitausdauer- und die Mittelzeitausdauerdisziplinen der Einsatz des Höhentrainings im Rahmen einer etwa 6wöchigen unmittelbaren Wettkampfvorbereitung. Für die Langzeitausdauerdisziplinen dagegen erwiesen sich längere Abschnitte bis zu 10 und mehr Wochen als effektiv. Damit ist in erster Linie beabsichtigt, vorangegangene hohe Wettkampfbelastungen zu transformieren, sowie das Niveau der Grundlagenausdauer- und Kraftausdauerfähigkeiten weiter auszubauen, um Potenzen für eine Leistungssteigerung zum Wettkampfhöhepunkt zu schaffen. Durch ein Zwischenwettkampftraining können, auch unter Nutzung von Höhenbedingungen, vorangegangene Wettkampfbelastungen transformiert, die Regeneration stärker betont und die aerobe Ausdauer stabilisiert werden. Einzelne Trainingsreize im Wettkampfausdauerbereich erhalten die notwendige wettkampfspezifische Aktivierung. Der Einsatz des Höhentrainings in einem Abschnitt der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung erfordert zwingend entsprechende Erfahrungen zur Wirkung des Höhentrainings und seiner individuellen Verträglichkeit. Die Häufigkeit des Einsatzes des Höhentrainings im Jahr sollte von einer mehrjährigen Strategie bestimmt werden, die auf eine mehrjährige Steigerung des Höhentrainingsreizes abzielt.

Folgende Schritte sollten einem mehrjährigen Vorgehen zugrunde gelegt werden: Höhentrainingseinsteiger beginnen mit einer dreiwöchigen Erprobung in einem Trainingsabschnitt der betonten Grundlagenausdauer- und Kraftausdauer-Entwicklung. Ein Zweimaliges Höhentraining im Jahr, davon einmal während der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung, sollte dann eingesetzt werden, wenn bereits ausbaufähige Anschlussleistungen zur Weltklasse erzielt wurden. Für Weltklassesportler ist ein drei- und mehrmaliges Höhentraining im Jahr bis zur "Höhentrainingskette? anzustreben. Dabei kann auch die Nutzung verschiedener Höhenstufen und Höhenbedingungen im Jahr und während eines Höhenaufenthalts eingeplant werden.

Methodische Prinzipien


Eine zentrale Aufgabenstellung für das Höhentraining ist die Entwicklung des Komplexes der disziplinspezifischen aeroben und aerob/anaeroben Ausdauer- und Kraftausdauerfähigkeiten sowie der Schnelligkeitsmotorik. Zu erreichen ist das durch eine Kopplung von Grundlagenausdauertraining mit Kraftausdauertraining und Schnelligkeitstraining in Trainingseinheiten, Trainingstagen und Mikrozyklen. Das gilt für diesen Trainingsakzent sowie für den ersten Teil jedes Höhentrainings.
Auch in der Gestaltung der Mikrozyklen sind gegenüber dem Flachland keine prinzipiellen Veränderungen notwendig. Im extensiven Dauer- und Intervalltraining bedarf es keiner Abstriche an der Streckenlänge, der Häufigkeit der Wiederholungen. Die Trainingsgeschwindigkeit dagegen muss aufgrund des niedrigeren aktuellen aeroben Ausdauerniveaus unter Höhenbedingungen reduziert werden, gleichzeitig ist es notwendig, die Pausendauer zwischen den Wiederholungen innerhalb einer Trainingseinheit um ein Viertel bis ein Drittel zu verlängern, damit die geplante Trainingswirkung erreicht wird. Die Summe der anaerob-laktaziden Trainingsanteile sollte im Höhentraining gering gehalten werden und - wenn in der zeitlichen Nähe zu Wettkämpfen (wie in den Kurzzeitausdauer- und MitteIzeit - Ausdauerdisziplinen geplant - im letzten Drittel des Höhenaufenthaltes sehr dosiert eingeordnet werden. Es empfiehlt sich, das Training der Schnelligkeitsausdauer und Wettkampfausdauer unter Höhenbedingungen für die Kurzzeitausdauer-, Mittelzeitausdauer- und Langzeitausdauerdisziplinen bis 30 Minuten Wettkampfdauer auf kurzen Strecken mit Geschwindigkeiten im Renntempo des Wettkampfs und schneller durchzuführen. Damit wird das Tempogefühl geschult, die Beherrschung der hohen Geschwindigkeiten systematisch vorbereitet und vor allem wettkampfnah bewegungstechnisch trainiert. Längere Trainingsstrecken bei laktaziden Anforderungen führen relativ schnell zum Abbau der Reserven und führt zu einer negativen Beeinträchtigung der aeroben Prozesse.
Für die Langzeitausdauerdisziplinen mit einer Wettkampfdauer von über 30 Minuten ist es in Vorbereitung auf Wettkämpfe notwendig, das Wettkampfausdauertraining mit Geschwindigkeiten über 90 Prozent des Renntempos des Wettkampfs bereits ab der zweiten Hälfte des Höhenaufenthalts mit einem zunehmenden Anteil einzusetzen. Zu beachten ist, dass intensive kurzzeitige Belastungen bis zu 60 Sekunden Dauer in der Höhe wegen des geringeren Luftwiderstands im Vergleich zum Flachland bevorteilt sind.
Die Hauptphase der Leistungsausprägung durch Schnelligkeitsausdauer- und Wettkampfausdauertraining ist unter Nutzung des "Nachhöheneffekts? generell unter Flachlandbedingungen mit wettkampfnahen Strecken, sogenannten Aufbauwettkämpfen durchzuführen. Diese Trainingsphase sollte ca. 3 Wochen vor dem Hauptwettkampf beginnen. In der Gestaltung der Mikro- und Mesozyklen ist darauf zu achten, dass ein inhaltlich klar ,überschaubares, akzentuiertes Training in der geplanten Hauptwirkung gesichert wird. Vor allem sollte eine Vermischung von Grundlagenausdauer- und Kraftausdauertraining zur Entwicklung der aeroben Leistungsfähigkeit mit größeren Umfängen anaerob - laktaziden Trainings vermieden werden. Ein solches "Mischtraining? überdeckt und vermindert die Anpassungseffekte. Es erweist sich auch in der Höhe als Vorteil, nach intensiven Belastungen aerobe Ausdauertrainingsblöcke einzuschieben. Gleichermaßen bedürfen konzentrierte Belastungsphasen noch zwingender als im Flachland der Kopplung mit Phasen konzentrierter Entlastung und Regeneration (MARTIN 1994, SUSLOV 1994, NIKONOROV 1997)
Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Nichtbeachtung der genannten Prinzipien zu erheblichen Einschränkungen in der Wirkung des Höhentrainings führen kann. Bei falschem Training in der Höhe ist mit noch nachhaltigeren negativen physischen und auch psychischen Auswirkungen als im Flachland zu rechnen, die über mehrere Wochen anhalten können und wo die Sportler sich ?total von der Rolle" fühlen. Besonders entwicklungshemmend wirken in erster Linie - die Aufnahme des Höhentrainings mit einem instabilen Gesundheitszustand sowie einem individuell niedrigen Ausgangsniveau der aeroben Ausdauer, der zu häufige Einsatz intensiver, insbesondere laktazider Belastungen in der Höhe, die Nichtbeachtung der spezifischen Erfordernisse der Akklimatisations- und Re-Akklimatisationsphase,
die nicht ausreichende Regeneration zwischen hohen Belastungen sowie eine der Belastung unter Hypoxie nicht adäquate Ernährung.
Häufigste Ursachen für die nicht eingetretene Entwicklung waren:
eine zu intensive Trainingsbelastung in Höhe,
eine zu hohe Belastung gegenüber der bisher im Flachland realisierten,
eine nicht Ausreichende Regeneration zwischen den Belastungen sowie aufgetretene Infekte.
Methodische Reihenfolge



Feste methodische Reihenfolge der Trainingsaufgaben in der Höhe

Die Gestaltung des Gesamtabschnitts des Höhentrainings muß eine klare methodische Reihenfolge bei der Lösung oben genannter Trainingsaufgaben einhalten, um wirkungsvoll zu sein. Folgende Schritte für das Vorgehen lassen sich verallgemeinern.
1. Die Anreise in die Höhe muß in gutem konditionellen Zustand, vor allem guten aeroben Leistungsniveau und Gesundheitszustand erfolgen. In den 2 bis 3 Tagen vor der Anreise sollten keine hohen intensiven Belastungen absolviert werden.
2. Die Gestaltung des ersten Teils des Höhenaufenthalts erfordert eine Verbindung von aeroben mit niedrig aerob-anaeroben Grundlagenausdauertraining zur Steigerung der aeroben Ausdauerfähigkeiten. Bis zu 50 Prozent dieses Trainings sollten als kraftbetontes Grundlagenausdauertraining, also mit höheren Widerstanden wie Berganstrecken, Zusatzgewichten etc. realisiert werden.
Dieser Aufgabe zuzuordnen ist ein schnelligkeitsmotorisches Training, insbesondere für die Kurzzeitausdauer- und Mittelzeitausdauerdisziplinen.
3. Der zweite Teil des Höhentrainings ist durch eine Verlagerung des Anteils im aerob/anaeroben Grundlagenausdauertraining in höhere Geschwindigkeitsbereiche (90 bis 100 Prozent des Renntempos) und die Kombination mit Schnelligkeitsausdauertraining zur Vorbereitung der Wettkampfausdauerbelastungen gekennzeichnet.
4. Abgeschlossen werden sollte das Höhentraining mit einem ein- bis zweitägigen aeroben Trainingsblock.
5. Die Gestaltung der ersten sieben Tage nach Rückkehr aus der Höhe muss von aerob und aerob/anaeroben Grundlagenausdauertraining sowie Schnelligkeits- und Schnelligkeitsausdauertraining geprägt sein. Es sollten keine hohen laktaziden Belastungen eingesetzt werden.


Gezielte Nutzung des Höheneffekts im Wettkampf


Gezielte Ausnutzung des Höheneffekts für die Steigerung der Leistungsfähigkeit im Training bzw. zur Leistungsausprägung für die Wettkämpfe. Sie beginnt nach einem 3- bis 4wöchigen Höhentraining zwischen dem 7. und dem 10. Tag nach der Rückkehr ins Flachland, wenn die Belastungsgestaltung nach den oben genannten Prinzipien erfolgte. Die leistungssteigernde Wirkung des Höheneffekts kann bis zu 30 und mehr Tage (in Abhängigkeit von der Dauer des Höhentrainings) anhalten.
Im Unterschied zum Einsatz des Höhentrainings für die Leistungssteigerung im Flachland sollte die Trainingsstruktur für eine effektive Vorbereitung von Wettkämpfen in der Höhe folgende spezielle Merkmale aufweisen:
Voraussetzung und notwendige Eingangsgröße für eine erfolgreiche Vorbereitung von Wettkämpfen in der Höhe ist die Ausprägung eines hohen Niveaus der komplexen Leistungsfähigkeit unter Flachlandbedingungen 2 bis 3 Wochen vor dem "Höhenwettkampf?. Diesem Trainingsabschnitt sollte eine Höhentrainingskette von 2 bis 4 Höhenaufenthalten im Jahr vorausgehen. Für eine möglichst nahe an den individuellen maximalen Möglichkeiten liegenden Wettkampfleistung unter Höhenbedingungen ist eine 2- bis 3wöchige Anpassung an die konkreten Höhen- und klimatischen Bedingungen des
Wettkampfortes notwendig. Sie kann um so wirkungsvoller sein, je höhentrainingserfahrener und aktuell höhentrainierter die Sportler sind.

Die Trainingsstruktur sollte durch folgende Akzente gekennzeichnet sein:
n ca. 4 bis 6 Tage Akklimatisation an die Höhen- und klimatischen Bedingungen,
n 8 bis 10 Tage zur Aktivierung und Stabilisierung des erreichten komplexen Leistungsniveaus vorwiegend durch aerobes Grundlagenausdauertraining sowie einzelne aerob/ anaerobe Grundlagenausdauer-, Schnelligkeitsausdauer- und Wettkampfausdauerbelastungen mit Wettkampfgeschwindigkeiten auf kurzen Strecken. Wichtig ist, dass keine hohen laktaziden Auslenkungen zugelassen und Reserven im Training aufgebaut werden
n ca. 4 bis 6 Tage gezielte individuelle Wettkampfvorbereitung mit Herstellung einer
ausgeprägten psycho-physischen Frische bei mittleren aeroben Trainingsbelastungen und einzelnen Wettkampfausdauer-Belastungen zur Aktivierung der Funktionssysteme. Für den Erfolg jedes Höhentrainings ist es wichtig, daß eine optimale, den Erfordernissen der Höhenbedingungen entsprechende und Darmkrankheiten vorbeugende Ernährung und Ernährungsdisziplin, dem erhöhten Eisen- und Vitamin C-Bedarf Rechnung getragen, sowie eine umfassende Infektionsprophylaxe gesichert wird.

Grundstrukturen des Trainingsaufbaus


Die effektive Gestaltung des Höhentrainings erfordert die Einhaltung einer festen Grundstruktur im Trainingsaufbau, differenziert für Leistungssteigerung im Flachland und für die Vorbereitung von Wettkämpfen in der Höhe. Diese Grundstruktur umfasst fünf Phasen:

Vorbereitung
Die 4- bis 6tägige Vorbereitungsphase auf das Höhentraining Sie beinhaltet eine Gesundheitsüberprüfung die Kontrolle des aeroben Ausdauerniveaus. Das Training in dieser Phase sollte vorwiegend auf aerobe Ausdauerbelastungen konzentrieren. Hohe, vor allem intensive Trainings- und Wettkampfbelastungen, deren Regeneration eine längere Zeit in Anspruch nimmt und daher die Anpassung an die Höhe erschweren kann, sind zu vermeiden.

Akklimatisation
Die 4- bis 6tägige Phase der Akklimatisation an die Höhenbedingungen
Sie beinhaltet vorwiegend extensive anaerobe Grundlagenausdauerbelastungen als alIgemeine, semispezifische und spezifische Belastungen sowie schnelligkeitsmotorische Anforderungen keinesfalls hohe intensive Belastungen, die mit größeren laktaziden Reaktionen verbunden sind und die Akklimatisation verzögern.

Die Hauptbelastungsphase unter Höhenbedingungen
Sie sollte bei einem 3- bis 4wöchigen Höhenaufenthalt zwei Belastungsschwerpunkte von jeweils 8 bis 10 Tagen umfassen. Diese sind jeweils 2 bis 3 Regenerationstagen mit vorwiegend aeroben Training zu kombinieren, um die Belastungsvorbereitung zu unterstützen. Ein Überziehen der Belastung ist zu vermeiden und die Rückanpassung an die Flachlandbedingungen zu erleichtern.

Re-Akklimatisation an die Flachlandbedingungen
Ihre Dauer differiert individuell zwischen 5 und 10 Tagen und ist von einem aktuell instabilen psycho-physischen Zustand begleitet. Haupttrainingsinhalte sind das aerobe und aerob/anaerobe Ausdauertraining sowie das Schnelligkeits- und Schnelligkeitsausdauertraining mit mittleren Trainingsumfängen.


Individuelle Voraussetzungen für ein Höhentraining


Die Wirksamkeit eines Höhentrainings hängt in nicht unerheblichem Maße von individuellen Voraussetzungen ab. Wichtig ist es dabei, sich darüber im klaren zu sein, dass nur bestimmte physiologische Stärken wie z.B. individuelle Hämoglobinwerte an der oberen Grenze des bekannten Normbereichs Vorteile für das Training in der Höhe bringen.
Negativ für eine Höhenanpassung können nach Aussagen von ALTIN (1988) Sportler reagieren, deren Leistungsfähigkeit des Herzens auf Meereshöhe größer ist als die Lungen an Sauerstoff transportieren können. D.h., dass diese Sportler bereits im Flachland einen geringeren Sauerstoffgehalt im Blut haben und ihre Lungen in der Nähe des oberen Grenzwerts arbeiten. Diese Sportler können daher die Höhe schlechter vertragen als andere.

Für die Effektivität eines Höhentrainings sind weitere wichtige Merkmale von Bedeutung, so z.B.:
· der Gesundheitszustand des Sportlers (einschließlich der Zähne!); dieser muss ohne Befund sein, denn Infekte und Entzündungsherde beeinflussen das Trainingsprogramm in der Höhe sehr negativ;
· das Entwicklungsniveau der Grundlagenausdauer- je höher es ist, um so günstiger sind die Anpassungsabläufe und umgekehrt;
· eine gute allgemeine psycho-physische Frische zu Beginn des Höhentrainings, das schließt vor allem ausreichende Regenerationszeiträume nach vorangegangenen Trainings- und Wettkampfbelastungen ein;
· der Höhenerfahrungsgrad der Sportler sowie das vor dem Höhentraining erreichte Trainingsniveau und die bisher realisierte Trainingsbelastung.

Höhenlagen, Aufenthaltsdauer und Häufigkeit der Höhenaufenthalte
Um die Anpassungspotenzen des Höhentrainings entwicklungsfördernd auszuschöpfen, bedarf es Höhen um mindestens 1800 bis 2000m. Die Wirksamkeit des Höhentrainings unter disziplinspezifischen Anforderungen bleibt bis zu Höhen von 2500 m gewährleistet. Positive Anpassungen im Grundlagenausdauerniveau der Langzeitausdauerdisziplinen sind bis zu Höhen von 3500 m und darüber hinaus erzielt worden (POPOV 1996, ILIEV 1993, MARTIN 1994). Dabei müssen jedoch deutliche Einschränkungen in der Bewegungsgeschwindigkeit in Kauf genommen werden. Dadurch kommt es auch zu Reduzierungen im Kraftausdauerniveau der spezifischen Muskulatur, was durch ein entsprechendes Kraftausdauertraining ausgeglichen werden muss.

Nachwuchssportler als Höhentrainingseinsteiger können bereits positive Effekte ab Höhen von 1000 m erzielen. Als wirkungsvoll erweist sich eine Kombination unterschiedlicher Höhenstufen innerhalb eines mehrwöchigen Höhenaufenthalts und im Verlauf eines Trainingsjahres.

Neben den Höhenstufen bestimmt die Aufenthaltsdauer in der Höhe erheblich mit über die Nachhaltigkeit der Anpassungsreaktionen der wichtigsten Funktionssysteme. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass bei einer Aufenthaltsdauer von 3 bis 4 Wochen etwa 80 % des möglichen physiologischen Entwicklungsniveaus erreichbar ist. Eine größere Ausschöpfung der Anpassungsreserve ist erst mit einer Aufenthaltsdauer von 5 - 6 Wochen und darüber hinaus zu erwarten. Von den deutschen Ausdauersportlern, die sich auf die Olympischen Spiele 1996 vorbereiteten, realisierten ca. 60 Prozent ein einmaliges Höhentraining von 3 bis 5 Wochen, größtenteils im Abschnitt der unmittelbaren Olympiavorbereitung. Etwa 25 % entschieden sich für ein zweimaliges Höhentraining im Jahr und 15 Prozent nutzten ein drei- und mehrmaliges Höhentraining im Jahr, einige davon auch mit über 100 Höhentrainingstagen.


Effekte der Anpassung


Das Höhentraining stellt eine Leistungsreserve dar, weil mit ihm Trainingsreize über die normalen trainingsmethodisch erschließbaren Möglichkeiten hinaus ausgelöst werden können. Der Entwicklungsreiz ?Höhentraining? ist in erster Linie auf Anpassungen des Organismus an den erniedrigten Sauerstoffpartialdruck und den dadurch hervorgerufenen Sauerstoffmangel sowie die spezifischen klimatischen Bedingungen (veränderte Luftfeuchtigkeit und -temperatur, Intensität der Sonneneinstrahlung, Luftionisation) zurückzuführen. Sie bewirken eine nachhaltige Aktivierung und Ökonomisierung in einem Komplex von Hauptfunktionsgrößen des Organismus wie:

1. Erythrozythenvolumen, Hämoglobinkonzentration, Myoglobinkonzentration
2. Herz-Kreislauf- und Atmungssystem (Herzfrequenz, Atemminutenvolumen, Sauerstoffaufnahme)
3. Zelle / Mitochondrienbesatz / Kapillarisierung Enzymbesatz (aerob und anaerob)
4. Energiestoffwechsel (Kohlenhydrate und Fette)
5. Hormonelle Regulation und Säuretoleranz

Von besonderer Bedeutung ist jedoch die Erkenntnis, dass diese leistungsfördernden Anpassungen, der sogenannte Höheneffekt, auf der Summation (Einheit) von Trainingsbelastung und Höhenbedingungen beruhen, wobei der Trainingsbelastung das Primat zukommt. Unter Beachtung dieses Primats der Trainingsbelastung unter Höhenbedingungen sowie ihrer optimalen Gestaltung können nach Rückkehr ins Flachland folgende Ergebnisse erzielt werden:
1. eine Verbesserung der Geschwindigkeit unter aeroben Bedingungen (Testergebnisse aerobe und anaerobe Schwelle)
2. eine Ökonomisierung der aerob/anaeroben Stoffwechselprozesse auf gleicher und höherer Geschwindigkeitsstufe (Testergebnisse Geschwindigkeiten zwischen 85 und 95 Prozent des Renntempos des Wettkampfs
3. eine Vergrößerung des Bewegungsvortriebs, seine Stabilität über die Distanz bei Geschwindigkeiten von mehr als 90 Prozent des Renntempos und
4. eine subjektiv empfundene höhere Belastungsverträglichkeit mit Reserven im Steigerungsvermögen.

Die unter Höhenbedingungen durch wirkungsvolles Training ausgelösten Anpassungen des Organismus werden damit zu einer Art ?Anpassungsüberschuss? bzw.. "Vorhalteanpassung? im Flachland. Sie bilden die Hauptursache für zeitlich begrenztes höheres psycho-physisches Leistungsniveau und eine höhere Belastungsverträglichkeit. Seine Anpassungseffekte können die:
· Steigerung des Niveaus und der Stabilität Grundlagen- und Kraftausdauer fördern,
· bessere Bedingungen für die Verträglichkeit und Bewältigung wettkampfspezifischer Belastungen schaffen,
· einen günstigen Regenerationsverlauf bei mehreren Wettkämpfen/wettkampfspezifischen Belastungen in dichter Folge bewirken und
· damit auch die wettkampfspezifische Ausdauerfähigkeit steigern.

Formen des Höhentrainings


Barokammertraining
In der barokammer werden gegenüber Normalbedingungen nur der Gesamtluftdruck und damit auch die Partialdrücke des Sauerstoffs und des Wasserdampfs verändert.

Training mit Gasgemisch
Das hypox. gasgemisch wird über eine Zumischung von Stickstoff bei Normaldruck hergestellt und über eine weitere Stickstoff bzw. Frischluftzuführung geregelt. Da keine Druckunterschiede bestehen kann jeder Baukörper, der gegen einen unbeabsichtigten gasaustausch abgedichtet ist, benutzt werden.

Atemmaskentraining
a: Masken mit vergrößertem Totraum
b: Masken mit teilweiser Rückatmung und Co2 Absorption

Hypoxietraining

Mit dem Einsatz eines Höhentrainings sind eine Vielzahl von Erwartungen verbunden. Sie reichen von der Zielsetzung, höhere Trainingsreize für Weltklassesportler zu setzen, über das Schaffen einer Chancengleichheit gegenüber in der Höhe lebenden- und trainierenden Sportlern, über die Möglichkeit, Trainingsrückstände schneller auszugleichen, bis hin zur Hoffnung, potentielle Nachwuchssportler schneller an die Spitze zu führen.

Aus den unterschiedlichsten Gründen werden alle diese Erwartungen nur zum Teil erfüllt. Dazu gibt es zwar keine gesicherte Statistik, aber die Aussagen von Experten belegen diese Feststellung (POPOV 1996, SUSLOV 1994, MORON 1994). Bei den deutschen Ausdauersportlern die im Olympiajahr 1995/96 ein Höhentraining absolvierten, erzielten anschließend 55 Prozent gute bis sehr gute Wettkampfergebnisse, 45 Prozent konnten die Wettkampfvorbereitung nicht erfolgreich abschließen. Die Analyse der Ursachen ergab als einen Hauptansatz Mängel im realisierten Training. Nur bei etwa 10 Prozent der Sportler verhinderten Infekte bzw. Ernährungsprobleme ein wirkungsvolles Höhentraining.

1. Schwerpunkt: Höhentrainingsformen
Das Höhentraining (auch Hypoxietraining) ist ein langjährig erprobtes, aber auch ein nicht unumstrittenes Mittel der Vorbereitung von Wettkämpfen unter Höhenbedingungen sowie die Leistungssteigerung im Flachland bei Wettkämpfen und im Training. Es ist fester Bestandteil der Trainingskonzepte aller Ausdauersportarten und der meisten Spitzenathleten.
Einsatz verschiedener Varianten der Hypoxieformen:
Natürliche Höhenbedingungen in verschiedenen Gebirgslagen und künstliche Höhenbedingungen, werden in Unterdruckkammern und durch Gasgemische erzeugt (FUCHS/REISS 1990). Folgende Varianten von natürlichen (n.H.) und künstlichen Hypoxiebedingungen (k.H.) können im Hochleistungstraining wirkungsvoll eingesetzt werden:

1. Training und Gesamtaufenthalt unter Hypoxie (n.H.) in verschiedenen Höhenlagen von 1.800 m bis 3.500 m am Tag und eines Mikrozyklus.

2. Training und Gesamtaufenthalt unter Hypoxie (n. H.) kombiniert mit Training im Flach- und bzw. mit Höhen unter 1.000 m. Training unter Hypoxie (k. H.) kombiniert mit Training und Gesamtaufenthalt im Flachland. Training unter Hypoxie (n. H./k. H.) kombiniert mit Wohnen/Schlafen im Flachland bzw. in Höhen unter 1.000 m. Wohnen/Schlafen in Höhen über 2.200 m (n. H.) kombiniert mit Training in niedriger Höhe bis 1.500 m.

Als eine entscheidende Bedingung für die Nutzung der zwei Hypoxieformen im Sinne von entwicklungswirksamen Anpassungen im Organismus / höheren Trainingsreizen wurde die Möglichkeit der Realisierung einer sportartspezifischen bzw. semispezifischen Bewegungsausführung während der Trainingsbelastung herausgearbeitet.
Passive Aufenthalte unter natürlichen sowie künstlichen Höhenbedingungen wie z.B. Höhenhäuser für das Schlafen (Wohnen) in der Höhe in Kombination mit einem Training unter Normalbedingungen erwiesen sich für den hochtrainierten Organismus für zu unterschwellig und haben höchstens einen psychischen Placeboeffekt.
Das Training unter natürlichen Höhenbedingungen einschließlich der Kombination unterschiedlicher Höhenstufen kann weitestgehend die Voraussetzungen für ein sportartspezifisches Training erfüllen, unter künstlichen Höhenbedingungen aber nur dann, wenn entsprechend große Räumlichkeiten vorhanden sind. Jedoch besteht ein noch wenig genutzter Vorteil von künstlichen Höhenbedingungen darin, dass man dieses Training sehr effektiv und problemlos mit einem Training unter Normalbedingungen am Tag und im Mikrozyklus kombinieren kann (Leistungsreserve!). Deutsche Sportler nutzten z.B. in den vergangenen Jahren das Training in künstlicher Hypoxie erfolgreich als Voranpassung an das Training unter natürlichen Höhenbedingungen. Langjährige Untersuchungen bestätigen, dass die Anpassungsvorgänge eines Trainings unter natürlichen und künstlichen "Höhenbedingungen? fast gleich sind. Natürliche und künstliche Höhenbedingungen sind daher nahezu gleichberechtigte Hypoxieformen, deren Möglichkeiten für die Steigerung der Trainingsreize nicht ausgeschöpft sind.


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